Pressemitteilung der Bietigheimer Zeitung vom 08.03.2008:
( Die nachfolgende Pressemitteilung wurde vom Försterr a.D. Gerhard Kring erstellt. Auf Anfrage der Bietigheimer Zeitung hat der NABU beispielhaft eine sogenannte "Pflegemaßnahme" gezeigt.
Deshalb wurden wir auch mit unseren Aussage in diesem Artikel zitiert. Die Aussagen vom NABU haben wir unten im Text farblich gekennzeichnet.)
Jetzt gehts Hecken an den Kragen
Förster a. D. Gerhard Kring äußert erneut massive Kritik an der Öffentlichen Hand
Kaum ist die Kritik an den Abholzungsaktionen verschiedener staatlicher und kommunaler Stellen verklungen, sorgt sich der ehemalige Kirbachtal-Förster
Gerhard Kring schon wieder um die Umwelt.
Nach dem 29. Februar und Abholzungsaktionen ist es für den Naturschützer Kring nun "an der Zeit, eine Bilanz über diese winterlichen Aktivitäten zu ziehen". Nach der Rodungsaktion der
Straßenmeisterei an Obstbäumen - außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit - habe der Landrat versprochen, sich selbst um diese Problematik kümmern zu wollen und dass die Vorgänge
Konsequenzen haben würden.
Das habe er auch getan, aber nur insoweit, dass an Stelle der abgesägten Bäume neue Bäume gepflanzt wurden. "Das war auf jeden Fall sehr lobenswert", sagt der Ex-Förster, bedauert aber, dass die
angekündigten weiteren Konsequenzen völlig ausgeblieben seien, denn die Holzaktionen der Straßenmeisterei gingen munter weiter, nur mit dem Unterschied, dass dies innerhalb der erlaubten Zeit
geschehe und ein Gutachter im Voraus die zu entfernenden Bäume bezeichne. Ob wirklich eine Begutachtung stattfinde, dürfe allerdings bezweifelt werden.
Da die Bäume, so Kring unserer Zeitung gegenüber weiter, die man "behandeln" könne, langsam ausgingen, werde jetzt ein besonderes Augenmerk auf die Hecken entlang der Straßen gelegt.
"Dass auch Hecken gelegentlich zurückgeschnitten werden müssen, um die Sicht freizuhalten, ist unstrittig, dass das aber bis zu einem Abstand von sechs Metern zum Straßenrand geschieht, ist
völlig überzogen, es hat weder mit dem Lichtraumprofil noch mit Verkehrssicherungspflicht zu tun und ist schlicht und einfach nur mit dem Wort ,Naturzerstörung zu bezeichnen. Es wird
unterschiedslos mit der Maschine geschnitten, ob notwendig oder nicht, und zurück bleiben rudimentäre Heckenreste, die nicht mal Zeit haben, wieder neu zu wachsen, weil im nächsten Winter wieder
das Gleiche geschieht", so Krings Kritik.
Wenn der amtliche Naturschutz hier mal eingreifen würde und zum Beispiel Pflegepläne oder auch nur Anleitungen für diesen Bereich aufstellte, wäre den Leuten vor Ort und auch der Natur nach
Krings Meinung schon etwas geholfen. Das sei aber anscheinend wegen der dünnen Personaldecke und wegen der unterschiedlichen Kompetenzen nicht möglich, und außerdem sei man mehr mit "illegalen"
Brennholzlagerplätzen beschäftigt. Da könne man dann auch die Amtskeule besser schwingen.
Bei der Straße sei offensichtlich mehr Geld und Personal vorhanden - wie anders sei denn zu erklären, dass am Königsträßle und an der Löchgauer Straße am 5. Februar bis zu elf in orange
gekleidete Männer mit Scheren und Gabeln bewaffnet Reisighäufchen zusammentrugen. Dies sei aber beileibe kein Einzelfall, denn das Gleiche habe man kreisweit den ganzen Winter über beobachten
können, auch in den angrenzenden Kreisen Heilbronn, Karlsruhe, Enzkreis und Böblingen. Da ja seit langem kaum noch wirklicher Winterdienst geleistet werden müsse, lasse man die Leute eben als
Beschäftigungstherapie auf die Natur los, so die fast schon polemischen Vorwürfe des einstigen Kirbachtal-Forstmannes. Während die Straßenmeisterei "nur" entlang der Straße tätig sei, bearbeitet
die Kommune auch die Markungsfläche, und dort sehe es nicht besser aus.
Hecken und Feldgehölze würden gerodet und von unten her aufgelichtet, in der Vergangenheit gepflanzte Obstbäume seien zu Baumruinen geschnitten, Wasser werde dort abgeleitet, wo sich eventuell
ein Feuchtbiotop bilden könnte, Dorflinden und andere städtische Solitärbäume würden ihrer unteren Leitäste beraubt und mit großen Wunden versehen, die sie auf lange Sicht der Fäulnis preisgeben.
Das geschehe nicht nur auf der Freifläche, sondern auch im Naturdenkmal. Eine Kritik, die übrigens zum Teil auch schon den örtlichen
Nabu-Ortsgruppen-Vorsitzenden Martin Buck im Rathaus protestieren ließ.
Trotz klammer Stadtkasse holt man laut Kring zur Begutachtung und Durchführung erforderlicher Maßnahmen eine externe Firma, obwohl man bei der Stadt zwei kompetente Förster und vier exzellente
eigene Waldarbeiter habe. Außerdem sei eine ökologische Fachkraft vorhanden, die damals unter dem Aspekt der Bewahrung und Weiterentwicklung der Natur eingestellt worden sei
Anstatt diesen Sachverstand zu nutzen, würden die Maurer, Maler, Schreiner und Flaschner des Bauhofs auf die Natur losgelassen. Die Ergebnisse könne jeder Interessierte vor Ort im ganzen
Stadtgebiet besichtigen. Krings Fazit lautet auch hier: Im Sommer werden die Grünflächen zu Tode gepflegt und im Winter kommen die Gehölze und Hecken dran. Die gewollten oder ungewollten
Naturzerstörungen gingen ungebremst weiter, es werde weiter Steuergeld in großem Umfang verschwendet, die Bekenntnisse der Politiker zum Naturschutz seien das Papier nicht wert auf dem sie
geschrieben stünden. Und der amtliche Naturschutz, der sei nur dort vorhanden, wo er sich kraft Gesetzes gegen Einzelpersonen durchsetzen könne, dort wo Wirschaftsinteressen im Spiel seien, sei
er so gut wie nicht vorhanden oder habe allenfalls eine Alibifunktion. Der ehemalige Förster: "Eichwald und Porsche lassen grüßen, während sich die Nachtigall wohl für immer verabschiedet."
Info zum Foto: Im Gewann Höllbrunnen, zwischen Wohn- und Gewerbegebiet Holderbüschle, ließ die Stadt eine rund 15 Ar große Rückzugsfläche für Vögel roden:
"Eine Maßnahme, die vermutlich mit der Erweiterung des Industriegebiets zusammenhängt", sagt der NABU-Vorsitzende Martin Buck.
VON WALTER CHRIST